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Was konnten sie tun?
Widerstand gegen den Nationalsozialismus 1939–1945
Eine Ausstellung der Stiftung 20. Juli 1944 und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Zettel kleben

Liane Berkowitz

Liane Berkowitz
Liane Berkowitz

Liane Berkowitz

© Gedenkstätte Deutscher Widerstand

“... wenn man bedenkt, wie jung wir sind, so kann man nicht an den Tod glauben. Mir scheint manchmal alles nur wie ein schrecklicher Traum, aus dem ich jeden Moment erwachen muß. Leider ist es die rauhe Wirklichkeit. Ich habe früher nie geglaubt, dass das Leben so schwer ist ...“

Liane Berkowitz, Februar 1943

Liane Berkowitz wird am 7. August 1923 in Berlin als Tochter des aus der Sowjetunion geflohenen russischen Kapellmeisters Viktor Wasiljew geboren. Nach dem Tode ihres Vaters wird sie 1930 von Henry Berkowitz adoptiert, der nach seiner Ehescheidung 1939 ins Ausland emigriert. Liane Berkowitz spricht fließend Russisch und besucht die Heilsche Abendschule. Sie lernt Fritz Thiel und ihren späteren Verlobten Friedrich Rehmer kennen, mit denen sie an den Schulungszirkeln von John Graudenz teilnimmt. Am Abend des 17. Mai 1942 trifft Liane Berkowitz sich mit Harro Schulze-Boysen, einem führenden Kopf der "Roten Kapelle", und anderen Mitgliedern des Kreises in einer Wohnung, wo sie und Otto Gollnow etwa 100 Klebezettel erhalten, die zur Hälfte in der Gegend zwischen Kurfürstendamm und Uhlandstraße verbreitet werden. Zur Tarnung der Aktion benehmen sie sich wie ein Liebespaar, während ihnen Harro Schulze-Boysen folgt und sie mit der Waffe schützt. Am 26. September 1942 wird Liane Berkowitz verhaftet und am 18. Januar 1943 vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt. Im Berliner Frauenstrafgefängnis Barnimstraße bringt sie am 12. April 1943 ihre Tochter Irene zur Welt. Sie wird ab Juli 1943 von der Großmutter betreut und fällt im Oktober 1943 vermutlich einer NS-Krankenmordaktion im Krankenhaus Eberswalde zum Opfer. Liane Berkowitz wird am 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee ermordet. Zuvor hat Adolf Hitler am 21. Juli 1943 persönlich die Gnadensuche von 17 Mitgliedern der Berliner "Roten Kapelle" abgelehnt. Selbst das Reichskriegsgericht hat ihm empfohlen, die 22-jährige Keramikerin Cato Bontjes van Beek und die 19-jährige Schülerin Liane Berkowitz zu begnadigen. Hitler lehnt dies ausdrücklich ab und lässt seine Entscheidung vom Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Wilhelm Keitel, gegenzeichnen.

Der Text auf dem Zettel lautet:"Ständige Ausstellung. Das Nazi-Paradies. Krieg - Hunger - Lüge - Gestapo. Wie lange noch?

Klebezettel gegen die nationalsozialistische Propaganda-Ausstellung "Das Sowjet-Paradies" vom Mai 1942

© Bundesarchiv 

Klebezettel gegen die nationalsozialistische Propaganda-Ausstellung "Das Sowjet-Paradies" vom Mai 1942

© Bundesarchiv
In der Haft entstandenes Foto von Liane Berkowitz, man sieht ihr die Strapazen der Haft an.

Gestapo-Aufnahme von Liane Berkowitz

© IML/ZPA 

Gestapo-Aufnahme von Liane Berkowitz

© IML/ZPA
Ablehnung der Gnadenersuche von 17 Mitgliedern der "Roten Kapelle" durch Adolf Hitler

Ablehnung der Gnadenersuche von 17 Mitgliedern der "Roten Kapelle" durch Adolf Hitler

© Militärhistorisches Archiv Prag
Abschiedsbrief von Liane Berkowitz an ihre Mutter

Abschiedsbrief von Liane Berkowitz an ihre Mutter

© Yad Vashem, Jerusalem
Umschrift des Abschiedsbriefes von Liane Berkowitz an ihre Mutter

Umschrift des Abschiedsbriefes von Liane Berkowitz an ihre Mutter

© Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Johannes Tuchel: Motive und Grundüberzeugungen des Widerstandes der Harnack/Schulze-Boysen-Organisation – Zum Denken und Handeln von Liane Berkowitz und Friedrich Rehmer. In: Kurt Schilde (Hrsg.): Eva-Maria Buch und die "Rote Kapelle", Berlin 1993.

Johannes Tuchel: Motive und Grundüberzeugungen des Widerstandes der Harnack/Schulze-Boysen-Organisation – Zum Denken und Handeln von Liane Berkowitz und Friedrich Rehmer. In: Kurt Schilde (Hrsg.): Eva-Maria Buch und die "Rote Kapelle", Berlin 1993.

Personen

Harro Schulze-Boysen

Harro Schulze-Boysen

Harro Schulze-Boysen, ein Großneffe des Admirals Alfred von Tirpitz, engagiert sich Ende der zwanziger Jahre im Jungdeutschen Orden. Als Herausgeber der Zeitschrift "gegner" hat er 1932/33 vielfältige Kontakte in politisch unterschiedliche Lager. Nach dem Verbot des "gegner" und einer kurzfristigen Haft in einem Berliner SA-Folterkeller beginnt Schulze-Boysen im Mai 1933 eine Ausbildung an der Verkehrsfliegerschule in Warnemünde. Seit April 1934 im Reichsluftfahrtministerium tätig, bildet sich Mitte der dreißiger Jahre ein engerer Freundes- und Widerstandskreis heraus, dem seine Frau Libertas, Elfriede Paul, Walter Küchenmeister, Elisabeth und Kurt Schumacher und andere angehören. Der Oberleutnant Schulze-Boysen in der Attaché-Gruppe des Reichsluftfahrtministeriums ist zusammen mit Arvid Harnack der führende Kopf der Widerstandsorganisation Rote Kapelle. Harnack und Schulze-Boysen informieren im ersten Halbjahr 1941 einen Vertreter der sowjetischen Botschaft über die Angriffspläne gegen die Sowjetunion. Schulze-Boysen ist bereit, den Kontakt nach Moskau während der Kriegszeit über ein Funkgerät aufrechtzuerhalten. Durch technische Probleme kommt es nicht zu einer Aufnahme des Sendebetriebes. Schulze-Boysen gewinnt nach dem 22. Juni 1941 neue Mitstreiter, beteiligt sich an der Ausarbeitung von Flugschriften, an einer Zettelklebeaktion und hat Kontakte zu politisch und weltanschaulich unterschiedlich orientierten Hitler-Gegnern. Ende Oktober 1941 empfängt er einen aus Brüssel angereisten Kurier des sowjetischen militärischen Nachrichtendienstes zu einem Gespräch. Aus einem dechiffrierten Telegramm aus Moskau nach Brüssel erfährt die Gestapo Namen und Anschrift von Schulze-Boysen und verhaftet ihn am 31. August 1942. Am 19. Dezember 1942 wird er vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 22. Dezember 1942 auf Befehl Hitlers durch den Strang in Berlin-Plötzensee ermordet.

Literatur
  • Hans Coppi: Harro Schulze-Boysen. Eine biographische Studie. Koblenz 1993
  • Harro Schulze-Boysen: Gegner von heute - Kampfgenossen von morgen. Berlin 1932/Koblenz 1987
  • Johannes Tuchel: "... wenn man bedenkt, wie jung wir sind, so kann man nicht an den Tod glauben." Liane Berkowitz, Friedrich Rehmer und die Widerstandsaktionen der Berliner Roten Kapelle. Berlin 2022
© 2023 Gedenkstätte Deutscher Widerstand www.gdw-berlin.de

Johannes Graudenz

Johannes Graudenz

Aus einer kinderreichen Familie in Danzig stammend, geht Johannes Graudenz im Alter von siebzehn Jahren nach England und arbeitet als Kellner, Fremdenführer und Hotelleiter in verschiedenen Ländern. 1916 beginnt er seine journalistische Tätigkeit im Berliner Büro der amerikanischen Presseagentur United Press. 1920 leitet er das Informationsbüro der Gegner des Kapp-Putsches und gehört kurze Zeit der KAPD an. Zwischen 1923 und 1924 ist er ständiger UP-Korrespondent in Moskau und führt bis 1928 eine eigene Fotoagentur. Anschließend ist er als Korrespondent für die New York Times tätig. Ab 1932 arbeitet er als Handelsvertreter. Graudenz, der Verbindungen zu kommunistischen Widerstandskreisen hat, lernt 1940 Harro Schulze-Boysen kennen. Im Februar 1942 ist er an der Ausarbeitung und Herstellung der Flugschrift "Die Sorge um Deutschlands Zukunft geht durch das Volk" beteiligt und gehört zu den Initiatoren der Zettelklebeaktion gegen die antisowjetische Propagandaausstellung "Das Sowjetparadies" Mitte Mai 1942. Er hat zudem Kontakte zu Hitlergegnern in Heidelberg. Graudenz, seine Frau und die beiden Töchter werden am 12. September 1942 verhaftet. Am 19. Dezember 1942 verurteilt ihn das Reichskriegsgericht zum Tode. Auf Befehl Hitlers wird Johannes Graudenz in Berlin-Plötzensee ermordet.

Literatur
  • Diethart Kerbs: John Graudenz 1884-1942. In: Diethart Kerbs/Walter Uka/Brigitte Walz-Richter: Die Gleichschaltung der Bilder. Zur Geschichte der Pressefotografie 1930-36. Berlin 1983, S. 74 ff.
  • Regina Griebel/Marlies Coburger/Heinrich Scheel: Erfasst? Das Gestapo-Album zur Roten Kapelle. Eine Foto-Dokumentation. Halle/S. 1992, S. 98f.
  • Hans Coppi/Jürgen Danyel/Johannes Tuchel (Hrsg.): die Rote Kapelle im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Berlin 1994
  • Johannes Tuchel: "... wenn man bedenkt, wie jung wir sind, so kann man nicht an den Tod glauben." Liane Berkowitz, Friedrich Rehmer und die Widerstandsaktionen der Berliner Roten Kapelle. Berlin 2022
© 2023 Gedenkstätte Deutscher Widerstand www.gdw-berlin.de
Literatur

Kurt Schilde (Hrsg.): Eva-Maria Buch und die "Rote Kapelle". Erinnerungen an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Berlin 1993.

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